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Ausstellung Wien Museum

Josef Frank A63
Josef Frank A63

„Werkbundsiedlung Wien 1932 - Ein Manifest des neuen Wohnens“

WIEN-MUSEUM, Wien, Karlsplatz

Vom 6.09. 2012 bis zum 13.01.2013

Im WIEN MUSEUM fand vom 6. September 2012 bis zum 13. Januar 2013 die Ausstellung „Werkbundsiedlung Wien 1932 -Ein Manifest des neuen Wohnens“ statt. Viele Räume der dort als beispielhaft vorgestellten Häuser waren unter anderem auch mit Bugholzmöbeln eingerichtet und einige der dort präsentierten Möbel waren in der Ausstellung zu sehen.
Jiri Uhlir und Heimo Keindl waren als externe Berater mit bei der Planung hinzugezogen.

„Die wichtigste Bauausstellung Europas“
Das Wien Museum zeigte die erste Ausstellung zur Wiener Werkbundsiedlung, die im Sommer 1932 – vor genau 80 Jahren – in Lainz eröffnet wurde und acht Wochen lang besichtigt werden konnte. Es kamen damals mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher zur „größten Bauausstellung Europas“ (so ein zeitgenössischer Kommentar), die als Manifest des Neuen Wohnens gedacht war: Sie sollte vor Augen führen, wie ein besseres Leben aus dem Geist der Moderne aussehen könnte. Es ging nicht nur um gestalterische und ästhetische Neuerungen, sondern um die soziale Utopie eines glücklichen Lebens im Reihen- bzw. Einfamilienhaus mit kleinem Garten im Siedlungsverband. Damit war die Werkbundsiedlung ein Statement gegen das Wohnbauprogramm des „Roten Wien“ mit seinen „Superblocks“ in der Art des Karl-Marx-Hofes.

Modernes Wohnen aus Wiener Perspektive
Initiator und Namensgeber der Werkbundsiedlung war der 1912 nach deutschem Vorbild gegründete Österreichische Werkbund. Sein Ziel war es, zeitgemäße Gestaltung in der Warenproduktion durchzusetzen, was durch das Zusammenspiel von Architektur, Kunsthandwerk und Industrie erreicht werden sollte. Die Projektleitung übernahm Josef Frank, maßgeblicher Vertreter der gemäßigten Wiener Architektur der Zwischenkriegszeit. Die Wiener Werkbundsiedlung war – wie die bahnbrechende Stuttgarter Weißenhofsiedlung von 1927 – eine internationale Leistungsschau, an der auch Architekten aus Frankreich (André Lurçat), Deutschland (Hugo Häring), den Niederlanden (Gerrit Rietveld) und den USA (Richard Neutra) beteiligt waren. Die überwiegende Mehrzahl stammte jedoch aus Österreich.

Bemerkenswert ist, dass drei Generationen von heimischen Architekten zur Mitarbeit eingeladen wurden. Neben den Konkurrenten Adolf Loos und Josef Hoffmann konnten sich Josef Frank, Oskar Wlach, Ernst Lichtblau oder Oskar Strnad präsentieren, aber auch jüngere Architekten wie Anton Brenner, Ernst Plischke, Oswald Haerdtl und Walter Loos erhielten ihre Chance. Nur eine einzige Frau war vertreten: Margarete Schütte-Lihotzky. Die Gesamtleitung lag bei Josef Frank, einem prononcierten Vertreter der gemäßigten Moderne, der den puren Funktionalismus und die Maschinenästhetik, wie ihn die internationale Avantgarde größtenteils vertrat, ablehnte.

Die Musterschau präsentierte 70 vollständig eingerichtete Häuser, jedes hatte einen rund 200 m2; großen Garten. 30 verschiedene Siedlungshaustypen boten auf kleiner Grundfläche maximalen Wohnkomfort, die Wohnfläche variierte zwischen 57 und 126 qm. Alle Häuser waren bunt gestrichen, hatten ein Flachdach, besaßen Terrassen und teils Balkone. Die Wohnräume orientierten sich zum Garten hin, gelegentlich gab es Kammern für das Dienstpersonal. Keine Ausstellung hatte zuvor so viele eingerichtete Musterhäuser gezeigt.

Die Werkbundsiedlung bot nicht nur den Architekten, sondern auch den österreichischen Einrichtungsfirmen eine Bühne: Für die Ausstellungsdauer wurden Musterensembles zusammengestellt, die die heimische Handwerkstradition mit modernen Bedürfnissen verbanden und beim Publikum auf besonders großes Interesse stießen. Rund 50 Gestalterinnen und Gestalter erarbeiteten vielfältige Vorschläge, wie man kleine Wohnräume rationell und nach unterschiedlichem Geschmack einrichten könnte. Sie wählten aus den Musterkatalogen von Tischlereien, Lampenherstellern und Textilproduzenten oder ließen von diesen eigene Entwürfe ausführen.

Beispielhaft für die Verbindung zwischen Tradition und Moderne war der Beitrag des weltweit agierenden Möbelherstellers Thonet-Mundus: Moderne, farbig lackierte Bugholzmöbel wurden ebenso eingesetzt wie die neuen Stahlrohrmöbel. Die „Leichtigkeit“ dieser Möbel entsprach der Forderung, im Wohnbereich größtmögliche Flexibilität zu bewahren – ein Ideal, dem sich auch Josef Frank und Oskar Wlach mit ihrem 1925 gegründeten Einrichtungsgeschäft „Haus & Garten“ in der Bösendorferstraße verschrieben hatten (das drei Häuser in der Werkbundsiedlung ausstattete). Die öffentliche Reaktion auf die Werkbundsiedlung war gespalten: Während sie international meist positiv aufgenommen wurde („Modernste Gartenstadt der Welt“), spottete man in lokalen Zeitungen über die „Musterkolonie von Zwergenhäusern“ bzw. die „Würfelsiedlung“.

Werkbundsiedlung im Wien Museum
Die Ausstellung im Wien Museum konzentrierte sich nicht nur auf architekturhistorische Aspekte, sondern verband in ihrer Präsentation Architektur mit Innenraumgestaltung. Eine Hauptattraktion war das speziell für die Ausstellung gefertigte Gesamtmodell der Siedlung, ein weiteres Highlight die Rekonstruktion eines Zimmers aus der Werkbundsiedlung. Zudem waren viele unbekannte Zeichnungen, Fotografien und Pläne zu sehen. Themen waren auch die ersten BewohnerInnen und die Probleme der Erhaltung – bis hin zur aktuellen Sanierung durch die Stadt Wien.